Vergangenen Freitag stand ich wieder einmal an der Rezeption eines Hotels (dieses Mal in Amsterdam) und füllte das Check-In-Formular aus. Beim Punkt „Anlass der Reise“ kreuzte ich selbstverständlich „Business“ an. Denn das war es für mich: ein Geschäftstrip nach Amsterdam.
Für Freunde, Familie, Facebook-Leser ist das nicht leicht nachzuvollziehen. Sehr oft höre ich: „Wow, du kommst ja viel rum.“ oder „Wie, die zahlen einfach so dein Hotel (Ticket, Eintrittskarte etc.)?“
Bei Kommentaren dieser Art muss ich immer erst einmal tief durchatmen, um dann ganz ruhig zu erklären, dass niemand „einfach so“ meine Reisen bezahlt. Wenn ich als Reisebloggerin für www.esel-unterwegs.de unterwegs bin, ist das kein Privatvergnügen. Ich liefere der Gegenseite eine Leistung ab, arbeite also für die erhaltene Unterstützung – und für meinen eigenen Anspruch.
Wie hat sich mein Blog entwickelt?
Am Anfang meiner Reiseblogger-Tätigkeit habe ich über Reisen berichtet, die ich als Urlaubs- oder Geschäftsreise ohnehin unternommen hatte. Das Sammeln entsprechenden Contents fürs Blog passierte also eher nebenbei und überwiegend privat finanziert.
Mit wachsender Leserschaft ist mein eigener Anspruch gestiegen. Ich habe mir vorgenommen, einmal im Monat einen Kurztrip zu unternehmen und über diesen auf meinem Blog zu berichten. Dabei sollte es nicht nur darum gehen, wann ich wohin gefahren bin, sondern eben um praktische Tipps oder besondere Erlebnisse während eines solchen Kurztrips. Deshalb halte ich die Augen offen, wo es wann welche Veranstaltungen gibt oder welche anderen Besonderheiten ein Ort liefert. Durch diese mehr oder weniger fest geplanten monatlichen Reisen stelle ich sicher, in jedem Monat drei bis vier Beiträge auf meinem Blog zu veröffentlichen.
Sicher, es gibt Reiseblogger, die drei Beiträge pro Woche veröffentlichen. Aber diese haben in der Regel auch ein anderes Konzept für ihren Blog bzw. ein anderes berufliches Umfeld. Ich betreibe mein Blog zwar mit einem professionellen Anspruch, aber eben nur neben meiner Vollzeitbeschäftigung. Für mich funktioniert dieses Konzept und ich bin damit zufrieden.
Wie kommen Kooperationen zustande?
Meine erste Kooperation war zugegeben keine richtige Kooperation. Ich hatte auf der Facebook-Seite von Visit Norway darauf aufmerksam gemacht, dass ich das Land bereise und darüber berichte. Das Social Media Team von Norwegen ist großartig und teilt regelmäßig Beiträge von Bloggern und anderen Usern. Meine eigene Reichweite hat das enorm gesteigert. Eine derartige Unterstützung der involvierten Destination ist Gold wert.
Aber machen wir uns nichts vor: Reisen kosten Geld, aber ohne Reisen habe ich als Reiseblogger nichts zu schreiben.
Inzwischen kommen Kooperationen auf verschiedenen Wegen zustande: Mitunter gibt es Ausschreibungen, auf die sich Blogger bewerben können. Ein anderes Mal gibt es Einladungen zu Blog-Trips. Zweimal ist es mir passiert, dass Kooperationspartner über Twitter von meinen Reiseplänen erfahren haben und mir daraufhin ein Angebot zur Unterstützung gemacht haben.
Was für mich sehr gut funktioniert, ist das Pitchen einer Story bei Destinationen. In diesem Fall überlege ich mir sehr konkret, wohin die nächste Reise gehen soll und was ich dort unternehmen möchte. Mit diesem Plan wende ich mich an den örtlichen Tourismusverband bzw. die Marketinggesellschaft einer Destination und bitte um Unterstützung, oft in Form der angebotenen Touristenkarten für die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln und ggf. Eintritte in Museen. Auch das Organisieren fester Termine in Museen ist sehr hilfreich.
Das mag sich jetzt für einige vielleicht lesen, als würde ich bettelnd an die Türen der Destinationen klopfen. Aber: Fragen kostet nichts. Und: Die Destinationen bekommen etwas von mir zurück.
Welche Gegenleistung biete ich?
Jede Kooperation ist anders und so sind auch die Erwartungshaltungen anders. Wenn die Erwartungen so klar formuliert sind, wie zuletzt bei meiner Amsterdam-Reise (Blogbeitrag, Anzahl Fotos, …), kann ich einfach eine Checkliste abhaken. Aber auch ohne eine klare Zielvorgabe ist für mich selbstverständlich, dass ich auf meinen Social Media Kanälen über die Reise berichte und anschließend darüber blogge.
Würde ich einfach nur die gebotene Unterstützung in Anspruch nehmen, mir aber sonst ein schönes Wochenende machen, ohne hinterher darüber zu schreiben, wäre es schnell vorbei mit meiner Reputation. Dann bekomme ich einmal eine Unterstützung und danach nie wieder. Ein solches Verhalten würde nicht nur meinen eigenen Ruf als Reisebloggerin ruinieren, sondern den der gesamten Szene.
Professionelles Auftreten fängt also bei der ersten Anfrage an und hört beim Abliefern der Leistung nicht auf.
Ganz konkret: Wie läuft ein Blog-Trip ab?
Nach der Reise ist vor der Reise. Da mein Schwerpunkt im Blog auf Kurzreisen liegt, schreibe ich hauptsächlich über Wochenendtrips. Nach einem Wochenendtrip beginnt also zum einen die Aufbereitung der Fotos und Texte zur Reise, zum anderen beginnen aber auch schon die Planungen für den nächsten Trip.
Die Auswahl des nächsten Zieles hängt von verschiedenen Faktoren ab: Welches spannende Event gibt es? Was kann ich besonderes unternehmen? Komme ich günstig (zeitlich und finanziell betrachtet) hin? Gibt es bezahlbare Übernachtungsmöglichkeiten? Wie sieht der Zeitplan fürs Wochenende aus?
Ich plane eine Reise also grundsätzlich erst einmal ohne mit einer Unterstützung vor Ort zu rechnen. Erst mit dem konkreten Plan wende ich mich an die Tourismusorganisationen und ggf. ganz konkret an Leistungsträger (Hotels, Anbieter von Führungen). Dabei verweise ich auf Arbeitsproben und liefere auch meine Mediadaten mit. Oft braucht es einige Mails und auch mal ein Telefonat, bis eine Kooperation konkret steht.
Während der Reise werden die Live-Berichte in der Regel unter einem Hashtag gebündelt, sodass Kooperationspartner schnell nachvollziehen können, was ich so treibe. Sofern feste Termine verabredet sind (z.B. in Museen oder zuletzt für die Bootstour in Amsterdam), halte ich mich selbstverständlich an diese. Für ein gutes Foto lasse ich auch schon einmal das Frühstück sausen. Und alle verfügbaren Zusatzinformationen (Pressetexte, Stichpunkte) werden gesammelt und festgehalten.
Auf einem 2-tägigen Wochenendtrip ist der Zeitplan meist sehr eng und lässt kaum Zeit zur Entspannung. Deshalb komme ich auch zu der Aussage, dass wir es Arbeit nennen, wenn wir als Reiseblogger unterwegs sind.
Und wie gesagt: Nach der Reise ist vor der Reise.
Warum das alles, wenn ich doch einen festen Job habe?
Ganz kurz: Ich liebe das, was ich tue. Ich mag zum einen meinen festen Job, weil er mir Spaß macht, aber auch die nötige Sicherheit und den finanziellen Spielraum bietet, um hin und wieder aus dem Alltag auszubrechen.
Und auf meinem Reiseblog kann ich mich austoben. Da redet mir niemand rein und wem es nicht gefällt, der muss es nicht lesen.
Und ganz klar: Ich bin wahnsinnig neugierig auf andere Menschen und Kulturen. Das Reisen gehört einfach zu meinem Leben und warum soll ich andere nicht daran teilhaben lassen?
Das ändert aber nichts daran, dass das, was ich als Reisebloggerin tue, als Arbeit empfinde.
Wir nennen es Arbeit
Als ich am Montag nach dem Amsterdam-Trip gefragt wurde, wie denn mein Wochenende gewesen sei, musste ich wieder erst tief durchatmen. Mein Gegenüber wäre vermutlich damit zufrieden gewesen, hätte ich geantwortet: „Ich hatte ein tolles Wochenende in Amsterdam, habe viel gesehen und erlebt.“ Das wäre aber nur die halbe Wahrheit gewesen. Das frühe Aufstehen, das viele Rumlaufen, das Frieren der Finger bei den Langzeitbelichtungen für die Aufnahmen vom Festival of Lights gehörten nun einmal auch zu dem Wochenende. Und so scheute ich mich nicht davor zu antworten: „Ich hatte ein tolles Wochenende in Amsterdam, aber es war auch anstrengend und eigentlich bräuchte ich noch einen Erholungstag.“
Das erzeugt zwar im ersten Moment Irritationen beim Gegenüber, vermittelt aber ein klareres Bild der Tätigkeiten einer Reisebloggerin. Und darum geht es mir: keinen falschen Eindruck zu vermitteln, dass Reiseblogger nur immer an den schönsten Orten sind und die tollsten Dinge erleben. Das, was im Twitter-Stream oder auf Instagram so toll aussieht, ist hart erarbeitet.
Dies sollte jeder im Hinterkopf behalten, der neidisch auf die Erlebnisse von Reisebloggern schaut oder auch verächtlich von „Bettel-Bloggern“ schreibt. Wir erbringen rund um einen Blog-Trip eine Leistung und die kann auch entsprechend gewürdigt und im besten Fall finanziell unterstützt werden. Jeder „normale“ Job wird doch auch entlohnt. Und ja, das was wir tun, nennen wir Arbeit.
15. Januar 2014 um 22:04
Du sprichst mir aus der Seele… Ich hätte es nicht besser in Worte kleiden können, denn bei mir ist es nicht anders. Egal ob es ein Wochenendtrip ist oder zwei Wochen in Alaska!
15. Januar 2014 um 22:14
Danke für deinen Kommentar. Ich bin froh, dass es nicht nur mir so geht.
16. Januar 2014 um 11:28
Auf den Punkt gebracht, Carolin!
16. Januar 2014 um 12:27
Danke 🙂
16. Januar 2014 um 20:30
Auf den Punkt gebracht ! Ich geniesse meine Reisen als „Blogger“ natürlich, aber ich geb dir Recht, es ist harte Arbeit. Gute Fotos, Eindrücke einfangen und Ideen ausarbeiten, das ist unterwegs nicht immer einfach. Aber auch die Vorarbeit ist nicht von der Hand zu weisen. Ich habe bei mir das Thema des Monats eingeführt, was mir zwar einen Schub an neuen und interessierten Lesern einbringt, aber auch unglaublich viel Planungsarbeit. Was passt zum Thema, welche Kooperationen sind interessant. Und genauso wie du habe ich einen Vollzeitjob und bin eher Kurzreisender. Was die Sache oftmals nicht leichter macht. Wer als Kurzreisender schon mal am Wochenende unterwegs war, weiß wie voll zum Beispiel Städte am Wochenende sind. Gute Bilder und die Ruhe für den Moment sind dann oftmals schwer zu erhaschen…
16. Januar 2014 um 23:40
Jepp, so ist es. Und dann kommen noch diverse E-Mail-Anfragen hinzu, die im besten Fall schnell und kompetent beantwortet werden wollen, sofern es nicht SEO-Agenturen aus Übersee sind 🙂
17. Januar 2014 um 08:49
Wunderbar formuliert, auf den Punkt gebracht und mir direkt aus dem Herzen geschrieben.
Danke liebe Carolin.
Viele Grüße
Katja
17. Januar 2014 um 10:22
Danke dir.
27. Januar 2014 um 09:48
Du hast völlig recht: es ist zuweilen extrem anstrengend und ich erinnere mich gut, dass ich auf manch einer Reise zum bloggen oder fotografieren, irgendwann halbtod irgendwo lag und dachte: ich kann echt nicht mehr. Zu sehr bin ich dann konzentriert darauf, das beste herauszuholen. Einen absoluten Erholungsurlaub muss ich streng von einer Bloggerreise trennen, ob ich sie nun privat mache oder auch auf Einladung. Das ist egal.
Aber genau darin besteht eben auch die Kunst. Leichtigkeit zu vermitteln und den Leser zu entführen. Immer wieder, wenn das gelingt, werde ich für alle Mühe belohnt.
Und wenn ich im Nachhinein die Berichte im Blog lese oder Bilder in meinem Shop wohlgeraten sehe: ich erinnere mich nicht mehr an die Mühe: ich will sofort wieder neu los!
Das ist es wohl, was uns alle verbindet…
Dir weiter viel Spaß am bloggen!
27. Januar 2014 um 10:03
Danke Charis für die gute Zusammenfassung: Es nicht nach Arbeit aussehen zu lassen ist wohl die hohe Kunst am Reisebloggen. In den Blogbeiträgen geht es um Erlebnisse und Orte, wie viel Vorarbeit und Einsatz vor Ort nötig waren für ein bestimmtes Bild oder eine Story soll der Leser gar nicht merken. Daher kommt aber vermutlich auch der Eindruck, dass wir Reiseblogger nur Spaß haben und nur auf Kosten anderer durch die Welt reisen.
Ich jedenfalls plane gerade eine Reise ganz privat und freue mich schon sehr darauf. Wenn am Ende trotzdem etwas fürs Blog abfällt, ist das gut. Aber ich erlege mir nicht schon im Vorfeld Druck auf. Da macht das Reisebloggen dann gleich doppelt soviel Spaß 🙂
27. Januar 2014 um 11:04
Toller Artikel Carolin,
bin genau deiner Meinung!
Liebe Grüße
Katrin
27. Januar 2014 um 11:09
Danke, Katrin 🙂
27. Januar 2014 um 17:12
Immer auf der Suche nach dem spannendsten Reisezielen und dem schönsten Foto – Bloggen ist harte Arbeit. Reisen vorbereiten, Texte schreiben, Bilder bearbeiten – Bloggen kann ganz schön zeitaufwendig sein. Dass weiß allerdings nur der, der selbst blogged. Für den Leser klingt es nach jeder Menge Spaß und Abenteuer, aber so soll es ja auch sein. Und ganz ehrlich: Reiseblogger sein macht große Freude.
27. Januar 2014 um 18:15
Ganz recht. Mir macht es ja auch Spaß. Sonst wäre ich hier falsch 🙂
27. Januar 2014 um 20:12
Volltreffer versenkt! 🙂
Die meisten glauben ich reise zum Spass und krieg dafür auch noch Geld. Pustekuchen! Bisher wurden nur zwei Reisen gesponsert, der ganze Rest ist aus der eigenen Tasche bezahlt. Hawaii war da bisher der größte Brocken, aber wer als Thema schon Fernweh hat sollte auch solche Traumziele zeigen. 🙂
Das mit Deiner Planung und dem Konzept vor Beginn einer Reise find ich übrigens toll. Muss mir das auch endlich mal aneignen.
Sonnige Grüße aus Mexiko, auch an das Eselchen! 😉
Mein Flieger zurück geht heut Abend…
27. Januar 2014 um 20:15
Gruß zurück 🙂
Das mit dem Konzept ist insofern hilfreich, als dass ich ja nicht planlos durch eine Stadt laufen möchte, in der Hoffnung, mir wird schon eine passende Geschichte über den Weg laufen. Manchmal muss man diese halt herauskitzeln. Ein Plan hilft da sehr 🙂
27. Januar 2014 um 20:56
Interessanter Artikel! Ich leg gerade erst so richtig los mit meinem Blog, und bin mal gespannt wie sich da Ganze so entwickelt. Den Blog irgendwann mal als „Arbeit“ zu sehen, wäre toll! 😉 Sag ich zumindest jetzt. 🙂
Viele Grüße von der Neu-Bloggerin! (Über Unterstützung freu ich mich natürlich, also werft doch einfach mal einen Blick auf meinen Italien-Blog 🙂 )
27. Januar 2014 um 21:12
Gerade am Anfang braucht man etwas Durchhaltevermögen, bei mir kam noch Glück dazu 🙂 Ein Tipp für den Anfang: Inspirationen bei der ITB im März holen und andere Blogger auf den diversen Side-Events treffen. Mich findest du da auch 😉
28. Januar 2014 um 13:02
Lieben Dank für den Tipp! Ich weiß noch nicht, ob ich es nach Berlin schaffe, aber ich werd mich auf jeden Fall erstmal fleißig in den Social-media Kanälen tümmeln 🙂
28. Januar 2014 um 17:59
Toller Bericht!
Ich bin noch am Anfang, genau wie Lena. Momentan bin ich noch eine fotografierende und bloggende Reisende. Selbst das ist anstrengend und durchaus arbeitsreich, von daher verstehe ich deinen Standpunkt sehr gut, Carolin. Auch den Neidfaktor kenne ich, aber während andere Menschen ihr Geld für Autos, iPhones oder eine Immobilie ausgeben, fließt mein Erspartes eben in Reisen. Über eine wachsende Leserschaft und irgendwann den ein oder anderen Sponsor freue ich mich auch (welcher Reiseblogger nicht?), aber, wie du schon schreibst, sind damit auch Arbeit, Anspruch und eine gewisse Verantwortung verbunden. Reisebloggen ist ein Nebenjob — ein toller, aber es steckt eben auch das Wörtchen „Job“ drin.
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23. März 2016 um 13:41
Hallo Carolin,
ich stimme Dir zu, als Leser kann man kaum einschätzen, welche Arbeit in einen Reiseblog fließt. Wer da keine echte Leidenschaft einbringt, wird sich schwer tun. Auf der anderen Seite ist es aber auch ein schönes Gefühl, wenn man seinen Lesern bei ihren Reisen Tipps und Hinweise mit auf den Weg geben kann. Diese Zufriedenheit bekommt man auf jeden Fall zurück 🙂
Safe travels,
Philipp